„Geleite durch die Wellen“
Schiffswallfahrt seit 1750 auf dem Main
Gemünden-Langenprozelten
Am 17. Juli pilgerten die Langenprozeltener wieder nach Mariabuchen und lösten
damit ein Gelöbnis ein, das ihre Vorfahren in „schwerer Zeit“ abgelegt hatten.
Die Wallfahrt wurde 1655 erstmals erwähnt, also zu einer Zeit, als das Dorf sieben
Jahre nach dem 30-jährigen Krieg etwa 200 Einwohner zählte und keinen eigenen
Pfarrer besaß. Als Wallfahrtstag wurde der Festtag des Sankt Bartholomäus,
24. August, festgelegt. Ab 1889 war Wallfahrtstag der darauffolgende Sonntag.
Die Prozession setzte 100 Jahre lang an der Fähre über nach Hofstetten und führte
über den Feldweg nach Steinbach und durch das Buchental. Im Jahre 1750
wurde erstmals die Wallfahrt zu Wasser ausgeführt. Ein oder zwei Sandschiffe
wurden mit Bänken ausgerüstet, so dass die Pilger gerade noch über die Bordwand
blicken konnten. Flussabwärts ging die Fahrt mit der Strömung, heimwärts mussten
schwere Pferde, von Leinreitern geführt, vorgespannt werden.
Dabei kam es auch manchmal zu unliebsamen Zwischenfällen, wenn sich beispielsweise
das lange Seil an einem Weidenbusch verhedderte. Das störte zwar die
Andacht auf dem Schiff, erhöhte aber den Reiz der Fahrt besonders bei der Jugend.
Nach Fertigstellung der Staustufe Steinbach, Ende der 30er Jahre, übernahm das
Motorboot „Margarethe“ der Brüder Köbert den Schleppdienst. Als sich 1958
keine passenden Güterschiffe mehr auftreiben ließen, wurde die Wallfahrt eingestellt.
Die Langenprozeltener wollten sich damit aber nicht abfinden. So übernahm
vor zehn Jahren der Verein Kameradschaft die Initiative und der 2. Vorsitzende
Willi Hegel, im Einvernehmen mit Pfarrer Adolf Hartmann, die Regie zur
Durchführung der Wallfahrt mit einem Fahrgastschiff.
Wegen der Sommerferien im August wurde der Wallfahrtstag in den Juli vorgelegt.
Für Pilger, die den Fußweg durch den Buchengrund nicht bewältigen können, stehen
Busse der Sanitätskolonne und der Feuerwehr zur Verfügung. Die
Langenprozeltener verfügen für ihre seltene Wallfahrtsart auch über spezielle
Lieder. So singen sie auf der Schiffsreise „Geleite durch die Wellen, das Schifflein
treu und mild“ und auf der Wegstrecke durch den idyllischen Wald „Wo dort im
grünen Buchentale, die heilige Kapelle steht“. Sie werden dabei tatkräftig unterstützt
vom Liederkranz und der Blaskapelle Langenprozelten. Nach Gottesdienst
und Mittagsrast geht die Wallfahrt wieder zurück zum Schiff, wo die Heimfahrt in
gemütlicher Atmosphäre mit Bewirtung abläuft.
In den Verkündigungsbüchern
des Pfarrarchivs finden sich
jedes Jahr Hinweise der Geistlichen
über das Verhalten der
Teilnehmer während der ansonsten
unfallträchtigen Prozession,
denn in den Sandschiffen ging
das Ein- und Aussteigen nicht so
reibungslos vonstatten wie in
einem modernen Fahrgastschiff.
Nur Ausfallzeiten sind des
Öfteren angeführt. So schreibt
Pfarrer Sebastian Schuller 1872,
dass die Buchenwallfahrt nach
längerer Pause wieder stattfidet,
und Pfarrer Sebastian Pfriem
1921: „Auf Wunsch der Gemeinde findet die Schiffsprozession zum erstenmal
nach sechsjähriger Unterbrechung wieder statt“. 1916 ging die Wallfahrt ersatzweise
um den Schafhof, später nach Schönau. Einmal ist sie wegen Maul- und
Klauenseuche ganz verboten worden.
Im „Dritten Reich“ waren „Umzüge kirchlichen Charakters“ verboten. Nach
Kriegsende fanden zwei Wallfahrten zu Fuß statt, dann gingen die
Langenprozeltener wieder zur beliebten Schiffswallfahrt über.
Ansgar Hepp
Kameradschaft Langenprozelten
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Letzte Aktualisierung 14.03.2006
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